An apology to my non-germanic friends: I wavered between English and German for a long time, but eventually the latter just felt more natural, at the moment I actually started writing. It may change over time, since the trip proceeds in English mostly, or I might interject English posts or paragraphs. Sorry if this makes you not read when you wanted to.
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Wenn man vier Zeitzonen nach Osten fliegt, in ein Land, das es noch nicht so lange wieder gibt, das einen Namen hat von dem man nie ganz sicher weiss, ob man ihn richtig sagt (Kirgistan, Kirgisien, Kirgisistan sind alle nicht falsch), erwartet man eine beträchtliche Portion Fremdartigkeit. Und natürlich verstehe ich die Sprache kaum, brauche im Restaurant eine halbe Stunde um das Menu lückenhaft zu entziffern, muss mich stark daran gewöhnen bei jedem Hauseingang die Schuhe auszuziehen. Doch sonst fühle ich mich beinahe so entspannt wie zuhause. Das liegt an den extrem freundlichen und zuverlässigen Kirgisen, einem super Hostel in Bishkek, und Landschaften, die teilweise wirklich an die Schweiz erinnern.
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Der Abflug in Istanbul war durch eine defekte Klimaanlage und resultierender Kabinensauna verzögert, und ich kam um 5 Uhr morgens verspätet in Bishkek an, wo das bestellte Taxi trotzdem bereitstand. Eine rasante Fahrt auf inexistenten Fahrspuren durch dieselgeschwängerte Luft brachte mich vor die Hintertür eines unausgeschilderten Hostels, das sich zudem leider direkt neben einer lauten Baustelle befand. Zwei Presslufthammer duellierten sich bald darum, mir den letzten müden Nerv zu rauben. Einer von beiden gewann. Den Schlaf aufgebend versuchte ich das WLAN zu benützen um eine andere Bleibe zu finden, was durch einen Stromausfall verhindert wurde. Also losziehen, SIM-Karte organisieren, staunen wie billig das Internet ist (ca. $2 für 8GB + Gesprächsguthaben pro Woche), bessere Zuflucht weiter weg vom Zentrum buchen. Herausfinden was "Mango Bubble Tea" ist - ein Fehler. Die extrem liebenswürdige Managerin vom ersten Hostel, die neben Englisch auch noch fast perfekt Französisch sprach, akzeptierte meine ausservertragliche Stornierung ohne zu murren, und half mir stattdessen mit nützlichen Informationen weiter.
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20 Minuten, 5km und ein Taxi für $1.50 später zog ich in einem Hostel mit Pool und Pingpong-Tisch ein, wo ich seither geblieben bin und mich komplett wohl fühle. Familienbetrieben, gastfreundlich, hilfsbereit, diese Adjektive werde ich wohl noch öfter los in diesem Land. Auch fast nur sympathische Gäste hier, viele Kirgisen, Franzosen, Belgier und Deutsche. Schon fünf die mit dem Rad unterwegs sind, darunter die spassigen Frank und Patrick aus Thüringen (
www.zweimachenfrei.com), und Nathan aus Neuseeland. Die Ersteren hatten vor auf eine
Wanderung in den nahegelegenen Ala-Archa Nationalpark mitzukommen, aber sind (nicht ganz unerwartet) im nächtlichen Ausgang hängengeblieben. Dieser ging vom Hostel organisiert in ein grosses Pub, mit einer kleinen Bühne und Band, einer engen Tanzfläche davor, auf der zu kitschiger (westlich und östlicher) Popmusik getanzt und geschubst wird, was dank dem Platzmangel aber tatsächlich super funktioniert - weil man in der Menge untergeht. Für die Wanderung sprang dann der 52jährige Nathan ein, und zeigte mir mal kurz, wie man in diesem Alter noch den Berg raufrennen kann. Bestimmt bin ich nicht in der besten Form, und muss mich erst an die Höhe gewöhnen, aber als er mich nach den ersten ca. 1000 Höhenmetern abhängte, ist er noch einmal 1500m gestiegen, bis auf den Gipfel auf 4600m.ü.M. Ziemlich beeindruckend. Ich habe es mir auf 3500m bei warmen Temperaturen gemütlich gemacht, und die prächtige Aussicht auf den Gletscher genossen.
Bishkek selbst fühlt sich viel westlicher als an erwartet, und man hat die Stadt in einem Tag grösstenteils gesehen. Sie breitet sich in der Ebene aus wie ein Teppich aus Häusern, rechteckig angelegtem Strassennetz, einem Zentrum das vor allem aus dem Parlament, Plätzen und ein paar Parks besteht, einer davon mit dem Strassennetz eines Pentagramms und einem Vergnügungspark darin. Doch die Stadt wird belebt von der absolut gewinnenden Freundlichkeit der Menschen. Ausser bei ein paar mürrischen Taxifahrern und Türstehern kommt das Lächeln immer zurück. Die Kirgisen scheinen mir zwischen der russischen Forschheit und der ostasiatischen Zurückhaltung auf goldenen Sanftmut gestossen zu sein. Leute sprechen dich mit ihren paar Worten Englisch an, bloss um dich willkommen zu heissen. Kaum einer versucht dich abzuzocken oder dir was anzudrehen, ich hatte noch keine einzige wirklich unangenehme Begegnung. Die hauptsächlichen ethnischen Gruppen sind Kirgisen (74%), Uzbeken (15%), Russen (6%) und Chinesen (1%), aber hier in der Hauptstadt scheint ein einziges Gemisch zu herrschen. Kirgistan ist fast fünfmal so gross wie die Schweiz, aber hat 2 Millionen weniger Einwohner.
Morgen kommt Eveline nach, und wir werden noch den Nationalfeiertag am 31.August hier sein. Danach etwa zwei Wochen durch Kirgistan, und über den Pamir Highway durch Tajikistan, so weit die momentane Idee. Mir scheint die Zeit schon jetzt zu kurz, obwohl sie im Vergleich zu meinen vorbeifliegenden Tagen in der Schweiz viel langsamer vergeht.