Die Dreamtime ist ein Ausdruck für den Ursprung aller Dinge im Glauben der Aborigines, eine Zeit in der Geisterwesen durch das Land reisten und wichtige Orte und heilige Stätten schufen. Ich habe bisher keinen wirklichen Zugang zu Dreamtime Geschichten gefunden. Sie handlen fast immer von einer gewalttätigen Untat, von Verwandlung in Tierform und Bestrafung für die Untat, und "erklären" damit eine Landschaft, eine Naturgegebenheit, ein Verhalten von Tieren. Und sind damit als theologische Basis für meinen Blick ziemlich einfach gestrickt. Es ist immer noch ein Ziel von mir, ein besseres Verständnis für die Dreamtime und ihre Geschichten zu kriegen, und schien dadurch, neben der offensichtlichen Anspielung auf eine traumhafte Zeit, ein passender Titel für diesen Blog.
Aber jetzt bin ich Sophie Gulliver auf ihren Reisen begegnet, und das ist ein ganz anderer Traum. Ich habe meinen Plan umgestellt, will zwar immer noch um Australien herum, tue dies aber in erhöhtem Tempo. Sie kommt fast sicher an die Westküste reisen mit mir, dann verbringe ich zwei Monate bei ihr in Sydney und lerne ihre Familie und Freunde kennen, lasse Afrika aus und wir kommen zusammen in die Schweiz, wo sie im September einen zusätzlichen Master beginnen will.
Ich denke, das könnte für den Einen oder Anderen überstürzt klingen. Doch ausser in kurzen Momenten der Unfassbarkeit haben wir beide eine riesige Klarheit, was ein wunderbares Geschenk ist, das mich fast wieder religiös werden lässt, zwecks Abnehmer der Dankbarkeit. Ich freue mich schon jetzt darauf, sie euch vorzustellen, und wer nicht warten mag, der darf mich gerne fragen für mehr Details.
Nach all den Verzögerungen, zuerst frustrierend und schlussendlich schicksalshaft wundervoll, fuhr ich schliesslich doch noch ein paar Tage mit Nitya die Ostküste rauf. Ihr Fuss, den sie kompliziert gebrochen und mehrfach operiert hat, wurde dabei auf kurzen bis mittleren Hikes (Highlights: Mary Cairncross Scenic Reserve, Kondalilla National Park, Noosa National Park, Fraser Island) immer wieder stark beansprucht, was aber die richtige Therapie zu sein scheint.
Am Ende der Noosa Wanderung hörten wir ein Didgeridoo, suchten nach der Quelle und sahen den Musiker mit einem älteren Aborigine in einem Steinkreis sitzen. Als er uns erblickte und rüberwinkte zögerte wir keinen Augenblick, uns dazu zu setzen. Der charismatische Aborigine wurde uns vom Didgeridoospieler ehrfurchtsvoll als bekannter Künstler vorgestellt, sein Name ist Charlie Chambers und er ist extrem junge 81. Er erzählte etwas zu Gebräuchen der umliegenden Stämme (z.B. zu was Teile eines erbeuteten Tieres verwendet werden), was mich ein bisschen an die Dreamtime Stories erinnerte. Auch insofern, als dass es mir zwar milde interessant vorkam, ich aber gleichzeitig nicht wirklich verstand, weshalb er uns dies erzählte. Nitya meinte später, das sei ihre Art, Kommunikation aufzubauen. Der Musiker erlaubte uns den Einblick, dass er und Charlie einander träfen weil sie beide eine harte Zeit durchlebten, und sie versuchten etwas weiterzugeben. Tatsächlich war es jedem Passanten anzusehen, wie die Energie der Szene eine starke Anziehungskraft ausübte, alle schauten, einige blieben in der Nähe stehen, ein weiterer Mann setzte sich hinzu. Ich wäre gerne länger geblieben, doch die zweieinhalbstündige anstehende Fahrt durch die einbrechende Nacht zum gebuchten Hostel liess uns verfrüht aufbrechen.
Auf Fraser Island, der grössten Sandinsel der Welt, nahmen wir das 4WD Taxi hin zum Waldcamp, schwammen im himmlischen Basin Lake (einer von über 100 Süsswasserseen), wo ich mir beim Runtertauchen das Trommelfell beschädigte - hoffe das heilt bald aus. Inzwischen ist Nitya wieder in Tyagarah und ich bin alleine unterwegs, unter anderem war ich auf einer überbevölkerten aber sonst recht sympathischen Segeltour auf den Whitsunday Islands, am spektakulär schneeweissen Whitehaven Beach.
Der umgekehrte Kulturschock nach Japan ist verdaut, mein gekauftes Auto bei Dan scheint repariert und dann verkauft zu werden, mein gemietetes Auto fährt gut und sparsam (5.5-8.0 l/100km je nach Fahrweise), ich entdecke für mich australisches Neuland, die Camping-Ausrüstung komplettiert sich langsam und lässt selbständiges Kochen zu, die schlimmste Ferienzeit über Weihnachten und Neujahr ist vorbei, das Wetter ist grösstenteils anständig und sehr warm, und selbst im Tropensturm scheint das Zelt zu halten. Ich bin happy, und wäre sogar begeistert, zöge es mich nicht so stark entgegen der Fahrtrichtung nach Sydney.
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